Mehrgenerationenhaus und Mehrgenerationenwohnen
Gemeinsames Wohnen im Alter
Mehrgenerationenhaus bzw. Mehrgenerationenwohnen ist die moderne Interpretation der Großfamilie: Menschen aus allen Generationen begegnen sich, verbringen ihre Freizeit miteinander, helfen einander und wohnen gegebenenfalls auch miteinander. Inzwischen gibt es in Deutschland über 500 Mehrgenerationenhäuser. Erfahren Sie mehr zum Konzept von Mehrgenerationenhäusern und Mehrgenerationenwohnen.
Was ist der Unterschied?
Das Mehrgenerationenhaus ist vom Bundesfamilienministerium mit einer klare Definition umrissen: Mehrgenerationenhäuser sind Begegnungsorte, an denen das Miteinander der Generationen aktiv gelebt wird. Sie bieten Raum für gemeinsame Aktivitäten und schaffen ein nachbarschaftliches Füreinander in der Kommune. Es geht also vorrangig um gemeinsame Begegnungen und Aktivitäten, nicht um gemeinsames Wohnen.
Ein Mehrgenerationenhaus kann das Leben in der Nachbarschaft generationenübergreifend bereichern. Es steht allen Menschen offen – unabhängig von Alter oder Herkunft. Jede und jeder ist willkommen und kann sich einbringen (über 20.000 Freiwillige tun das bereits). Bundesweit nehmen rund 530 Mehrgenerationenhäuser am Bundesprogramm „Mehrgenerationenhaus. Miteinander – Füreinander“ teil, welches 2021 startete und gefördert wird.
Das Angebot in den Räumen ist meist sehr umfassend und besteht zum Beispiel aus:
- Mittagstisch
- Betreuungs- und Unterstützungsangebote für Pflegebedürftige
- Krabbelgruppen für Babys, Betreuung für Kleinkinder und Hausaufgabenbetreuung für schulpflichtige Kinder
- Weiterbildungskurse für den (Wieder-)einstieg in den Beruf
- Sprachkurse für Migranten
- Tauschbörsen, Reparaturen u.v.m.
Unter https://www.mehrgenerationenhaeuser.de finden Sie Mehrgenerationenhäuser in Ihrer Region.
Von Mehrgenerationenwohnen spricht man, wenn ältere Menschen mit ihren Kindern und Enkelkindern oder guten Freunden aus mehreren Generationen unter einem Dach wohnen. Das ist zwar genau betrachtet auch ein Mehrgenerationenhaus, aber eben nicht im Sinne der Politik. Daher ist in diesem Zusammenhang immer vom „Mehrgenerationenwohnen“ die Rede. – Im allgemeinen Sprachgebrauch wird jedoch das Konzept des Mehrgenerationenwohnens mit dem Begriff Mehrgenerationenhaus gleichgesetzt, denn beides verfolgt das gleiche Prinzip: Die gegenseitige Unterstützung von Jung und Alt.
Beim Mehrgenerationenwohnen leben mehrere Parteien – egal ob Familienmitglieder, Freunde oder Gleichgesinnte – jeweils in ihrer eigenen Wohnung, sind aber (fast) jederzeit ansprechbar und unterstützen sich gegenseitig. Quasi wie in einer modernen Großfamilie. Tatsächlich haben viele Menschen diesen Traum und es gibt auch eine ganze Reihe erfolgreicher Wohnprojekte. Ein Modell der Zukunft für eine alternde Gesellschaft, sagt auch die Forschung.
Die Umsetzung ist dabei nicht immer einfach, denn schließlich müssen die unterschiedliche Interessen von Jung und Alt unter einen Hut gebracht werden.
Die sechs wichtigsten Überlegungen zum Mehrgenerationenwohnen sind:
- Bewohner – Wer möchte beim Mehrgenerationenwohnen mitmachen?
- Wohnobjekt – Wie groß ist das Haus oder die Wohnanlage?
- Lage – Wo liegt das Haus oder die Wohnanlage? Müssen Sie eventuell in eine andere Stadt dafür ziehen?
- Besitz – Besitzen die Bewohner bereits eine geeignete Immobilie oder möchten sie eine Immobilie dafür erwerben?
- Kosten – Welche Kosten kommen auf die Bewohner zu?
- Hausregeln – Sind Pflichten und Verantwortungen des Zusammenlebens klar geregelt?
Außerdem sollten Sie sich vor Einzug darüber unterhalten, wie Sie mit Aufgaben und Kosten des täglichen Lebens umgehen und wie Sie diese auf die Bewohner verteilen möchten. So können Konflikte vermieden werden bevor sie entstehen. Dazu zählen vor allem alltägliche Fragen der Haushaltsführung, Kosten für Reparaturen und die Verteilung des Besitzes. Klären Sie unbedingt im Vorfeld mit den anderen Bewohnern diese Fragen:
- Kosten – Wer zahlt welche Reparaturen, Nebenkosten usw.?
- Auszug– Was geschieht, wenn jemand aus dem Mehrgenerationenhaus auszieht?
- Reinigung und Instandhaltung – Sind Aufgaben wie Treppenhausreinigung, Gartenpflege und Winterdienst klar verteilt?
- Auto – Wenn Autos gemeinsam genutzt werden: Wer trägt die Kosten für Versicherung, Wartung, Reparatur und so weiter?
- Gemeinschaftsräume – Gibt es gemeinsame Räume und Nutzflächen?
- Privatsphäre und Raumaufteilung – Wie viel Privatsphäre räumen sich die Parteien gegenseitig ein? Wie kann Privatsphäre durch Raumaufteilung und Verhaltensregeln garantiert werden?
Vor- und Nachteile des Mehrgenerationenwohnens
Bewohner eines Mehrgenerationenwohnens profitieren in vielfältiger Weise voneinander:
- Alle Mitbewohner bewahren sich ihre Unabhängigkeit und Privatsphäre mit einem privaten Wohnbereich.
- Durch die Unterstützung der Jüngeren können ältere Menschen länger zuhause wohnen bleiben. Sie fühlen sich in einer Gemeinschaft sicher, geborgen und nicht einsam. Junge Leute und Kinder um sich zu haben, aktiviert und belebt die Älteren.
- Ältere Bewohner können die Jüngeren bei der Kinderbetreuung entlasten, mit Ihren Erfahrungen zur Seite stehen, vielleicht auch Kochen, Backen oder sich um den Garten kümmern – je nach Rüstigkeit und Interesse
- Alle jüngeren Generationen lernen das Älterwerden und Altsein ganz direkt kennen, Achtung und Respekt wachsen – und auch der gnädige Blick auf das eigenen Älterwerden.
- Mit zunehmendem Unterstützungs- oder Pflegebedarf können jüngere Bewohner die Pflege für Ältere unter sich aufteilen und organisieren. Im Falle eines anerkannten Pflegegrads erhalten Bewohner Fördermittel für zum Beispiel den barrierefreien Umbau des Badezimmers.
Diese möglichen Probleme sollten Sie im Blick haben:
- Die räumliche Nähe aller Generationen birgt auch Konfliktpotential – fragen Sie sich vor dem Einzug, wie weit Ihr Toleranzbereich und wie groß Ihre Kompromissbereitschaft ist.
- Unter Umständen kann es zu einer übermäßigen Belastung für die „Sandwich-Generation“ kommen, die sich sowohl um die Älteren als auch um die Kinder kümmert und dabei ihre eigenen Bedürfnisse vernachlässigt
- Bei pflegebedürftigen Bewohnern kann es dazu kommen, dass die Inanspruchnahme professioneller ambulanter oder stationärer Pflege häufig zu lange hinausgezögert wird.
Mehrgenerationenwohnen umsetzen
Vielleicht überlegen Sie, ob Sie dieses Vorhaben des Ihre Eltern zu sich in Ihr Haus holen oder gemeinsam ein Haus kaufen, in dem Sie zusammenleben können. Eine solche Investition kann sich steuerlich lohnen. Wenn Kinder zum Beispiel eine Immobilie kaufen und ihre Eltern darin eine abgeschlossene Wohnung anmieten, können sie einen Teil der Anschaffungs- und Renovierungskosten der Immobilie von der Steuer absetzen.
In vielen Familien ist es jedoch eher die ältere Generation, die über die nötigen finanziellen Mittel verfügt, um eine Immobilie zu erwerben. So können auch Eltern erwägen, ihren Kindern den Kaufbetrag für die Immobilie vorzuschießen. Mal als Darlehen, sodass die Kinder die Zinsen steuerlich geltend machen können, mal als zinslosen Kreditvertrag.
Sofern Sie als Familie keine eigene Immobilie besitzen, die sich für das Konzept des Mehrgenerationenwohnens eignet, können Sie sich auch über öffentliche Mehrgenerationenhäuser informieren. Oft steht hinter diesen Wohnprojekten eine Genossenschaft, die den Bau oder Umbau plant und sich auch um die gemeinsame Verwaltung kümmert.
Mehr Informationen zum Wohnen im Alter? Dann beachten Sie auch unsere Broschüren zum Thema „Gut wohnen im Pflegeheim“ oder „Betreutes Wohnen“.