Offene Badekur wieder Pflichtleistung der Kasse
Die „Offene Badekur“ kann wieder direkt vom Hausarzt verschrieben werden
Die ambulante Vorsorgemaßnahme (früher „Offene Badekur“) wird ab dem 01. Juni 2021 wieder Pflichtleistung der Krankenkassen nach § 23 SGB V. Das heißt, sie kann wieder – wie früher – direkt von Ihrem Hausarzt verschrieben werden. Nutzen Sie die Möglichkeiten, die daraus für Sie entstehen! Denn seit vielen Jahren war die „ambulante Vorsorgemaßnahme“, so der offizielle Begriff aus dem § 23 SGB V, nur noch eine „Kannleistung“ – mit der Folge, dass die für viele Kurorte z. B. in Bayern oder Hessen so wichtige Form der Kur kaum noch genehmigt wurde.
Bemühungen der Kurbäder tragen Früchte
Bemühungen, die Badekur wieder zur Pflichtleistung zu machen, gab es seit langer Zeit von verschiedensten Seiten, allen voran vom Bayerischen Heilbäderverband. Neue Fahrt nahm die Diskussion auf, als am Pfingstmontag 2020 in Bad Birnbach Kommunalpolitiker und zahlreiche Angehörige der Branche aus dem ganzen Bäderdreieck, von den Beherbergern über das Gastropersonal bis hin zu Therapeuten und Badeärzten, für die geordnete Wiedereröffnung nach dem ersten Lockdown im Rahmen einer Kundgebung auf die Straße gingen.
Es war damals quasi die erste Amtshandlung der neu gewählten Bad Birnbacher Bürgermeisterin Dagmar Feicht, die dabei von ihren Kollegen Jürgen Fundke aus Bad Griesbach und Tobias Kurz aus Bad Füssing unterstützt wurde. Die Appelle der drei Rathauschefs an die Politik blieben nicht ohne Widerhall. Schon damals sagten MdB Max Straubinger und Landtagsabgeordneter Martin Wagle ihre volle Unterstützung zu. Es folgten Taten. Gemeinsam mit Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer kündigte Max Straubinger in einem PNP-Interview im Spätherbst die Rückkehr der Badekur an. Nun scheint das Projekt auf der Zielgeraden zu sein. „Am 26. Februar war die erste Lesung im Bundestag“, sagte Max Straubinger. „Wenn alles planmäßig abläuft, steht es zum 1. Juni im Bundesgesetzblatt“, sagt der Politiker und sieht das Projekt „auf einem sehr guten Weg“. Es könnte im günstigsten Fall sogar noch etwas schneller gehen.
„Das sind gute Nachrichten“, freut sich Bürgermeisterin Dagmar Feicht, die insbesondere Max Straubinger, Martin Wagle und Walter Taubeneder für ihren Einsatz dankt und nun auf eine unkomplizierte Beantragungs- und Genehmigungspraxis hofft. Der Impuls dazu sei wesentlich von Bad Birnbach ausgegangen, erinnert sie an die Kundgebung. Ähnlich wie vor einem Jahr brauche man nun aber auch verlässliche Öffnungsperspektiven. „Dass wir gute und belastbare Hygienekonzepte haben, konnten wir im vergangenen Sommer bereits eindrucksvoll beweisen“, sagt Feicht und pocht auf eine baldige, zeitgleiche Wiedereröffnung von Beherbergungsbetrieben, Gastronomie, Einzelhandel und vor allem der Rottal Therme.
Mit der Badekur alleine ist es freilich nicht getan – so jedenfalls die Meinung von Viktor Gröll, dem Leiter der Kurverwaltung. Das ländliche Bad wolle sich in jedem Fall weiter entwickeln und eine Vorreiterrolle einnehmen, sagt er mit Verweis auf das erfolgreich mit der Ludwig-Maximilians-Universität entwickelte Anti-Stress-Programm „AGES – Aktiv gegen Erschöpfung und Stress“. Mit der Badekur und innovativen Konzepten entstehe eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten. „Wenn die Arbeitsplätze gesichert werden, profitieren die Sozialversicherungssysteme. Wenn Menschen länger fit und gesund bleiben, werden diese geschont. Diese Rechnung wird aufgehen, sind sich Bürgermeisterin Dagmar Feicht und Walter Niedermeier einig.
Badekur für gesetzlich Versicherte
Ab 1. Juni wird die ambulante Vorsorgemaßnahme also wieder Pflichtleistung der Krankenkassen. Was heißt das nun für Sie:
Eine offene Badekur dauert in der Regel drei Wochen. Nach der Genehmigung Ihrer Kur buchen Sie Ihren Aufenthalt und geben dem Hotel dabei Bescheid, dass Sie eine Badekur machen. Dieses vereinbart für Sie alle Termine beim Badearzt, in der Praxis für Physiotherapie oder andere auch ortsspezifische Heilmittel wie z. B. in einer Therme.
Nach der Anreise geht es zuerst zum Badearzt, der Ihnen Ihre individuell auf Sie zugeschnittenen täglichen Anwendungen wie Thermalbaden, Massagen, Fango oder Krankengymnastik verschreibt. Für Sie fallen lediglich die einmalige Rezeptgebühr in Höhe von 10 € sowie 10 % Eigenanteil auf die verordneten Leistungen an. Viele – eigentlich fast alle – Krankenkassen gewähren Ihnen außerdem einen Zuschuss auf die Übernachtung – zwischen 13 € und 16 € pro Person und Tag. Das heißt, dass Sie für Ihren 3-wöchigen Aufenthalt im Hotel z. B. 350 € pro Person von Ihrer Krankenkasse erstattet bekommen. Die Hotelrechnung reichen Sie einfach nach Ihrer Abreise bei Ihrer Krankenversicherung ein.
Offene Badekuren stehen allen Versicherten (sowie den mitversicherten Familienmitgliedern) aller gesetzlicher Krankenkassen wie AOK, Barmer, TK, DAK usw. zu – unabhängig vom Alter!
Sonderform Kompaktkur
Eine Sonderform der Badekur ist die sogenannte Kompaktkur. Während bei der Badekur kein fester Ablauf definiert ist, gibt es hier klare Konzepte und festgelegte Abläufe – das ist wichtig bei Programmen wie „AGES – Aktiv gegen Erschöpfung und Stress“. Bei AGES dauert der Erstaufenthalt zwei Wochen, nach einem halben Jahr erfolgt ein Auffrischungskurs, der den Erfolg dauerhaft sichert, wie die Studie der LMU bestätigt hat. Die Kompaktkur kann als solche beantragt und genehmigt werden. Aber auch eine genehmigte „Ambulante Vorsorgemaßnahme“ kann durch den Badearzt in eine Kompaktkur umgewandelt werden.
Kur abgelehnt – Einspruch
Sollte die Krankenkasse den gestellten Kurantrag ablehnen, lohnt es sich dagegen Einspruch zu erheben. Oftmals setzen die Krankenkassen offenbar auf Unwissenheit bei den Versicherten, denn die Erfahrung zeigt, dass zwei von drei abgelehnten Anträgen auf ambulante Kuren in den deutschen Heilbädern nach einem Einspruch genehmigt werden. Auch wenn die Zahl der ambulanten Badekuren in den letzten Jahren deutschlandweit gesunken ist, dürfen Versicherte alle drei Jahre eine Kur bei Ihrer Kasse beantragen.
Allerdings gibt es neben den klassischen ambulanten und stationären Kuren auch weitere Möglichkeiten, um Zuschüsse für einen Aufenthalt zu erhalten. Einige Krankenkassen bieten den Versicherten sog. Präventionswochen. Schwerpunkte bei dieser Krankheitsvorbeugung sind Entspannung, Bewegung und Ernährung. Die Kassen übernehmen hierbei die gesamten Kosten für das medizinische Programm. Sie selbst bezahlen nur die Anreise, Übernachtung und Verpflegung. Jeder Versicherte kann dieses Angebot ohne Antrag oder ärztliche Genehmigung nutzen. Informieren können Sie sich direkt bei Ihrer Krankenkasse.
Kuren in der privaten Krankenversicherung
In der privaten Krankenversicherung besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Kostenerstattung bei Kuren. Damit unterscheidet sich die PKV deutlich von der GKV. Allerdings gibt es für Versicherte dennoch Möglichkeiten, sich für Kuren oder Reha-Aufenthalte abzusichern. Denn gemäß den Musterbedingungen zur Krankheitskostenversicherung aus dem Jahr 2009 sind Private Krankenversicherungen nicht verpflichtet, Kosten für Kuraufenthalte oder Behandlungen in Sanatorien zu erstatten. Selbst bei Reha-Maßnahmen ist die PKV nicht in der Leistungspflicht. Die Versicherungsgesellschaften gehen hier davon aus, dass Arbeitnehmer ohnehin zunächst durch die Sozialversicherungsträger abgesichert sind.
Die PKV erstattet somit Kuren standardmäßig nicht. Jedoch können einzelne Tarife Ausnahmen vorsehen, die eine Kostenerstattung für Kur- oder Sanatoriumaufenthalte möglich machen. Darüber hinaus kann fehlender Versicherungsschutz durch Zusatzversicherungen ergänzt werden. Grundsätzlich gilt: Privat Versicherte sollten im Vorfeld einer Kur oder einer Reha-Maßnahme genau abklären, ob und in welchem Rahmen ihre Versicherungsgesellschaft die Kosten übernimmt.
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