In Deutschland erkranken etwa 600.000 Menschen im Jahr neu an Diabetes. Viele von ihnen müssen Insulin spritzen. Gerade anfangs kann es zu großer Verunsicherung kommen, wenn das Insulin nicht so wirkt, wie man es erwartet. Aber auch für geübte insulinpflichtige Patienten kann sich plötzlich die Frage stellen: Warum wirkt mein Insulin anders als sonst?
Das Hormon Insulin ist für uns überlebenswichtig, da es die Aufnahme von Glucose in die Körperzellen und damit den Blutzuckerspiegel reguliert. Gebildet wird es in der den Betazellen der Langerhansschen Inseln, daher der Name Insulin. Im Juli 1921 gelang erstmals die Isolierung von Insulin und vor 100 Jahren, im Januar 1922, konnte einem an Diabetes Typ-1 erkrankten Jungen mit verabreichtem Insulin das Leben gerettet werden.
Beim Diabetes mellitus Typ-1 wird kein oder kaum Insulin produziert, beim Diabetes Typ-2 reagieren die körpereigenen Zellen nicht mehr ausreichend empfindlich auf das Hormon. Verwendet wird in der Regel Humaninsulin, das mit Hilfe von gentechnisch veränderten Bakterien oder Hefepilzen hergestellt wird oder verschiedene Insulinanaloga, die entweder besonders schnell oder sehr langsam wirken.
Im Verlauf der Erkrankung beurteilen Arzt und Patient immer wieder, ob das derzeit angewendete Insulin noch die nötige Wirkung zeigt. Vorausgesetzt wird dabei immer die ordnungsgemäße Anwendung des Medikaments. Verschiedene Gründe können die Wirksamkeit des Insulins beeinflussen:
Die Spritztechnik
Bei der Spritztechnik können sich immer wieder Anwendungsfehler einschleichen, auch wenn Sie zuvor eine ausführliche Schulung beim Haus- oder Facharzt erhalten haben. Die meisten Diabetiker nutzen einen PEN, entweder für den Einmalgebrauch oder mit Patronen zum Nachfüllen. Gespritzt wird in der Regel in das Unterhautfett, z. B. in Bauch, Oberschenkel, Gesäß.
So spritzen Sie richtig: Bilden Sie mit zwei Fingern eine Hautfalte, setzen die Nadel im 45 oder 90 Grad Winkel an und drücken den Auslöseknopf des PENs bis zum Anschlag hinunter. Die Nadel fährt dann automatisch aus und spritzt das Insulin. Warten Sie ca. 10 Sekunden, dass sich das Insulin verteilen kann, bevor Sie die Nadel entfernen. Achten Sie auf den korrekten Zusammenbau des PENs beziehungsweise dessen Handhabung. Beides ist in der Packungsbeilage der PENs bebildert dargestellt.
Pennadeln sind sterile Einmalartikel, die so dünn geschliffen sind, dass sie die Haut kaum verletzten. Werden sie mehrfach verwendet, können Gewebeverletzungen, Infektionen und eine schlechtere Aufnahme des Insulins erfolgen.
Die Einstichstelle
Als Spritzstelle kommen verschiedene Körperstellen infrage. Kurz wirkendes Normalinsulin (Alt-Insulin) und schnell wirkende Insulinanaloga sollten in das Bauchfett gespritzt werden, da der Körper es hier am schnellsten aufnehmen kann. Genau gegenteilig verhält es sich beim Basalinsulin, das möglichst langsam seine Wirkung entfalten soll. Daher eignet sich dafür der Oberschenkel besonders gut.
Insuline sollten nicht in den Oberarm gespritzt werden, da hier das Unterfettgewebe zu dünn ist und die Gefahr besteht, den Muskel zu treffen, was eine schnellere Resorption von Insulin zur Folge hat. Außerdem kann es hier leichter passieren, die Nadel in einem falschen Winkel aufzusetzen.
Auch wenn man mit einer bestimmten Stelle besonders gut zurechtkommt, sollte man regelmäßig die Einstichstelle wechseln. Wird immer wieder an derselben Stelle gespritzt, kann es zur Bildung von Narbengewebe und Verhärtungen kommen, was wiederum zu einer geringeren Aufnahme von Insulin führen kann.
Die Lagerung
Unter zwei Grad und über 40 Grad kann die Wirkung von Insulin verloren gehen. Dann zerfällt das enthaltene Eiweiß, das Insulin wird trüb oder flockig. Die Wirkweise ist dann nicht mehr gegeben. Lagern Sie Ihr Insulin daher am besten bei vier bis acht Grad im Kühlschrank (Gemüsefach oder Seitenfach).
Auch beim Transport im Winter und im Sommer sollten Sie auf die richtige Temperatur achten, denn im Auto kann es schnell sehr warm oder kalt werden. Ihre Medikamente sollten Sie daher möglichst in eine Kühl- oder Transporttasche abholen. Insulin in Kühltaschen jedoch nicht direkt auf gefrorene Kühlakkus legen!
Auf Reisen ist die Lagerung des Insulins eine besondere Herausforderung. Dafür sind im Handel jedoch eigens konstruierte Kühl- und Transporttaschen erhältlich. Wer eine Insulinpumpe verwendet, muss an heißen Tagen darauf achten, diese nicht zu sehr der Sonne auszusetzen. Bei einem sommerlichen Ausflug oder am Badesee können sonst schnell Temperaturen von über 30 Grad erreicht werden.
Übrigens: Auch der Körper reagiert anders auf das Insulin, wenn die Temperaturen sehr hoch sind. Diabetiker sollten an diesen Tagen besonderes Augenmerk auf ihren Flüssigkeitshaushalt legen und viel trinken.
Die Haltbarkeit
Ungeöffnete Insulin-Packungen können so lange verwendet werden, wie das aufgedruckte Haltbarkeitsdatum aussagt. Vorausgesetzt, es unterliegt den empfohlenen gekühlten Temperaturen. Geöffnetes Insulin kann man ca. vier Wochen -auch ungekühlt- aufbewahren. Überlagertes Insulin verliert oder ändert seine Wirkweise, es sollte also keine Verwendung mehr finden. Schreiben Sie deshalb das Datum auf die Patrone, wenn Sie das Insulin öffnen oder aus dem Kühlschrank nehmen.
Insulin und Gewichtszunahme
Wie viel Insulin ein Mensch benötigt (Basalbedarf), errechnet der Arzt anhand individueller Faktoren. Unter anderem spielt das Körpergewicht eine Rolle. Der typische Gesamtbedarf liegt zwischen 0,5 und 1 I.E. pro Kilogramm Körpergewicht und Tag. Nimmt man nun nennenswert zu oder ab, muss natürlich auch die Menge des Insulins angepasst werden, da es sonst zu einer Über- oder Unterdosierung kommen kann.
Wechselwirkung mit anderen Medikamenten
Es gibt eine ganze Reihe von Medikamenten, die den Blutzucker beeinflussen und somit auch die Wirkung des Insulins verstärken oder schwächen können. Dazu gehören unter anderem einige Antibiotika, verschiedene Antidepressiva, Medikamente zur Durchblutung, Schilddrüsenhormone, ACE-Hemmer und auch einige Schmerzmittel.
Insulin und Psyche
Auch psychische Faktoren können Einfluss auf den Zuckerspiegel von Diabetes-Patienten haben. Dazu kommt, dass Diabetiker häufiger als die restliche Bevölkerung, unter Depressionen und Angststörungen leidet. Wer niedergeschlagen ist, achtet manchmal auch weniger auf die regelmäßige Einnahme von Medikamenten und einen gesunden Lebensstil.
Blutzucker dauerhaft zu hoch
Insulin sollte den Blutzucker eigentlich auf einem gesunden und stabilen Level halten. Doch es kann vorkommen, dass er trotzdem dauerhaft zu hoch ist, das Insulin kann dadurch immer schlechter wirken. Mögliche Ursachen können sein:
- Infekte (vor allem mit Fieber) und Entzündungen
- Nierenerkrankungen
- Nebenwirkungen von Medikamenten
- Andere Erkrankungen
Einer Blutzuckererhöhung sollten Sie immer frühzeitig entgegenwirken. Ansonsten droht eine Hyperglykämie, die langfristig schwere Organschäden hervorrufen und im schlimmsten Fall tödlich enden kann.
Ebenso gefährlich ist eine Unterzuckerung (Hypoglykämie), der häufigste Notfall unter den Akutkomplikationen. Sie äußert sich durch Schwitzen, Blässe, Herzjagen und Zittern und Krampfanfällen und kann ebenfalls lebensgefährlich sein.
Mehr zur Thema erfahren Sie auch im Ratgeber Diabetes.